Donnerstag, 10. Januar 2013

Veränderungen

Auf lange Tage folgen anscheinend ereignisreiche Tage, denn heute ist wirklich eine ganze Menge passiert... ich habe das Gefühl, ich muss alles aufschreiben, auch wenn das niemand liest (obwohl, ich habe eine Leserin - eine unglaublich nette sogar, womit habe ich sie denn verdient?). Vielleicht hält mich das davon ab, durchzudrehen.
Morgens war es wieder wirklich hart, aufzustehen und der Schultag an sich war nicht sehr spektakulär, aber unglaublich ermüdened und anstrenengd. An mehreren Augenblicken bin ich auf die Toilette geflüchtet, um den ganzen Menschen zu entfliehen, meinen Tränen mehr oder weniger freien Lauf zu lassen (so lange, wie man in der fünfzehnminütigen Pause nunmal Zeit hat) und mich einfach nur gegen die Tür zu lehnen, um runterzukommen. Zum Glück habe ich es mir im Unterricht selber verkneifen können zu heulen - ich wollte das niemandem so aufdrängen. Den ganzen Tag lang ging es nur um das Durchhalten - aber es geht immer nur um das Durchhalten. Die Hälfte der Zeit denke ich beständig daran, dass ich mich am liebsten umbringen würde und dass die Pillen, die meine Mutter in der Nachttischschublade liegen hat, dafür vermutlich auch ausreichen würden. Die restliche Zeit fühle ich mich einfach nur traurig, aber apathisch und so, als 'müsste ich einfach nur noch so und so viel Zeit durchhalten'. Allerdings ist mir nicht klar, wie lange, und vor allem kommt nach diesen Phasen ebenfalls nichts als nur noch mehr suizidale Gedanken und noch mehr Durchhhalten. Ist das wirklich alles, worum es geht im Leben? Kann es wirklich alles sein - das Durchhalten? Falls dem so ist, falls jeder so verspürt, dann möchte ich wirklich nicht mehr. Der ganze Tag war gleichzeitig wie in Watte gepackt und gleichzeitig unfassbar grau.
Um fünf dann hatte ich wieder einen Termin bei meinem Therapeuten, wo ich dann wirkich angefangen habe, besinnungslos zu heulen. Alles ist aus mir herausgeplatzt und er hat mir berichtet, dass meine Mutter ihn auch angerufen hätte - unabhängig von meinen Wünschen hätte sie einen Arzttermin vereinbart, auch purer Angst, dass ich zusammenklappe und nicht mehr aufstehe. Mein Therapeut ist zum Glück sehr offen, da er selber meint, ohne eine gewisse Ehrlichkeit liesse sich kein Verhältnis zwischen ihm und einem Patienten aufbauen. Er meinte, dass er es in dem Zustand nicht verantworten kann, mich einfach nur einmal die Woche zu sehen, um mit mir zu reden, sondern dass ich mich wirklich in medizinische Obhut begeben muss, einfach weil ich mich in Lebensgefahr befinde. Er schlug vor, meinenArzttermin auf morgen anzusetzen - die Schule lasse ich ausfallen und meine Bedenken hinsichtlich der Physikprüfung hat er nur damit kommentiert, dass ich es kaum schaffe, überhaupt aufzustehen, weil ich so schwach bin. Schule sei jetzt nur Nebensache und meine körperliche Verfassung das Wichtigste.
Später kam noch meine Mutter hinzu, weil er vorgeschlagen hatte, sie anzurufen, damit sie mich abholt und wir gemeinsam nach Hause laufen (zu dem Zeitpunkt war ich verständlicherweise ziemlich aufgelöst). Sie hatte mir bereits gestern erzählt, dass sie einen merkwürdigen Traum hatte. In dem Traum war mein Vater nicht verstorben, sondern lebte noch in Indien und ich ebenfalls, doch meine Mutter hatte keine Ahnung davon und glaubte ihn für tot. Als sie uns begegnete, wollte ich nicht zu ihr kommen, sondern bei meinem Vater bleiben. Das erschien ihr anfangs ziemlich konfus, doch heute hat sie mir anvertraut, dass sie den Traum nun versteht. Mein Vater war darin tatsächlich verstorben - ich war ihm nur gefolgt und konnte deshalb nicht mehr zu meiner Mutter zurück. Das habe ihr solche Angst eingejagt, dass sie den Arzttermin vereinbart hat. Ausserdem habe sie einen Telefonanruf meiner Tante, die ich vor einer Woche besucht habe und die geweint hat, als sie mich gesehen hat. Wir hatten uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen und sie sowie meine Cousins waren anscheinend von meinem Anblick geschockt.
Das alles wirkt so... surreal im Augenblick. Morgen gehe ich also nicht zur Schule, sondern zum Arzt. Ich weiss nicht, was mich dort erwartet und weiss auch nicht, was mich danach erwartet. Eine Klinik? Für meine Mutter gibt es anscheinend keine andere Lösung, aber auch wenn ich einsehe, dass sich etwas ändern muss und es so nicht weitergeht, ist das für mich noch immer keine Option.Ich weiss, dass es mir körperlich richtig schlecht geht. Normale Menschen brauchen morgens keine zehn Minuten, um die Kraft zu finden, aufzustehen. Normale Menschen müssen sich nicht am Geländer festhalten, um überhaupt eine Treppe hochlaufen zu können. Normale Menschen müssen sich nicht am Boden aufstützen und hochdrücken, um aufstehen zu können. Ich weiss auch, dass ich psychische Probleme habe, die schon eine ganze Weile da sind. Aber ich habe einfach nur solche furchtbare Angst. Angst vor dem, was morgen kommt. Was man mir sagen wird, wozu man mich vielleicht zwingen könnte.
Meine Mutter arbeitet morgens glücklicherweise - den Arzttermin bringe ich alleine hinter mich. Was auch immer das genau bedeuten mag.

2 Kommentare:

  1. Liebe Divya, auch wenn das für Dich zur Zeit nicht in Betracht kommt, freunde Dich mit dem Aufenthalt in einer Klinik an! Nur dort kann Dir wirklich gut geholfen werden, nur dort ist rund um die Uhr jemand für Dich da.

    Ich sag das jetzt nicht nur so, mich betrifft es nicht persönlich, aber in der Familie hatten wir einen ähnlichen Fall und auch dieses junge Mädchen ist in eine Klinik gegangen. Gott sei Dank, das sieht sie auch heute selbst so.

    Nach der Klinik wird es Dir besser gehen, Du wirst gestärkt sein und versuchen umzudenken! Das ist ein langer Lernprozess, das klappt nicht per Knopfdruck von heute auf morgen. Und Du wirst Dein Leben lang darauf achten müssen, Dich nicht mehr "umzudrehen", sondern weiter nach vorne zu laufen.

    Ich drücke Dir die Daumen, Du schaffst das!!
    <3

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  2. Ich habe heute morgen an dich gedacht und hoffe dein Termin war aufschlussreich.

    Es wäre schön, wenn es dir bald besser gehen könnte!

    Drück dich!

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